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Offiziell gewähltKölner SPD feiert ihren OB-Kandidaten Torsten Burmester

Lesezeit 5 Minuten
Gut gelaunt und zuversichtlich: Noch-Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Torsten Burmester, nun offiziell gewählter OB-Kandidat der Kölner SPD.

Gut gelaunt und zuversichtlich: Noch-Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Torsten Burmester, nun offiziell gewählter OB-Kandidat der Kölner SPD.

Die aussichtsreichen Listenplätze für den Kölner Stadtrat sind so umkämpft wie selten zuvor bei der Kölner SPD.

Die Herzen sind neu. Zuletzt gab es nur rechteckige Pappschilder mit den Wahlslogans von Torsten Burmester. Außerdem hat die Parteispitze der Kölner SPD dazugelernt, was die Versorgung ihres OB-Kandidaten mit Flüssigkeit betrifft. So bringt der Co-Vorsitzende Andre Schirmer am Samstag bei der Wahlkreisdelegiertenkonferenz im Bürgerzentrum Chorweiler ungefragt ein Glas Wasser ans Rednerpult, bevor Burmester dort wie sechs Wochen zuvor beim Parteitag wieder die Spucke wegbleiben kann.

Es ist die dritte interne Krönungs-Zeremonie für Burmester, also fast schon Routine. Aber auch der Redner im Vorprogramm ist neu – und wer könnte besser für Stimmung sorgen als der Noch-SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Er schwor die Kölner SPD „in diesen schwierigen Zeiten“ auf das Vorhaben ein, bei den Kommunalwahlen im Herbst stärkste Kraft zu werden und den OB zu stellen. Lauterbach dankte der Parteibasis noch für die Unterstützung im Bundestagswahlkampf und wetterte gegen die Forderung von Jens Spahn (CDU), die AfD zu behandeln wie eine ganz normale Partei. Dafür bekam er so lautstarken Applaus, dass seine Forderung nach einem Verbotsverfahren kaum noch zu hören war. Und Lauterbach ist kein leiser Redner.   

Dann war Burmester dran. Schon vor seiner Präsentation als OB-Kandidat im vergangenen November hatte er sich bei einer Funktionärskonferenz der Kölner SPD vorgestellt und viel Applaus erhalten. Vor sechs Wochen beim Parteitag sprach er wieder zur Parteibasis, die ihre Unterstützung per Handzeichen kundtat. „Politische Nominierung“ nannte die Partei diesen Vorgang.

Dritte Krönungs-Zeremonie der Kölner SPD für ihren OB-Kandidaten Torsten Burmester

Und nun also, um den Formalitäten genüge zu tun, die echte Wahl in geheimer Abstimmung. „Ich freue mich jetzt auf die insgesamt dritte Nominierung in eurem Kreise, das macht ja auch Spaß“, scherzte Burmester in seiner Rede, in der er ansonsten gewohnt pragmatisch dem aktuellen Mehrheitsbündnis von Grünen, CDU und Volt im Kölner Stadtrat vorwarf, „abgewirtschaftet“ zu haben.

„Unsere Stadt verdient mehr als Verwaltung, sie verdient Gestaltung“, sagte Burmester: „Wir gemeinsam haben den Mut, wir haben den Plan und wir haben vor allem eines: Wir gemeinsam haben das Herz für diese Stadt und ihre Menschen, für alle.“ Die Wahlkreisdelegierten hielten die „Köln-machen-mit-Herz“-Pappherzen hoch und feierten Burmester mit langem Applaus und „Torsten, Torsten“-Rufen. Sein Wahlergebnis: 256 Ja-Stimmen bei einer Gegenstimme. Damit ist Torsten Burmester nun der offiziell gewählte OB-Kandidat der Kölner SPD für die Kommunalwahlen am 14. September.   

Die Wahlkreisdelegierten der Kölner SPD feiern ihren OB-Kandidaten Torsten Burmester.

Die Wahlkreisdelegierten der Kölner SPD feiern ihren OB-Kandidaten Torsten Burmester.

Anschließend war es mit der Friede-Freude-Einigkeits-Demonstration der Kölner SPD aber erstmal vorbei. In einem der 45 Kölner Wahlkreise hatte man sich nicht wie üblich vorab auf einen Kandidaten für die Kommunalwahlen einigen können. Es gab eine Kampfkandidatur zwischen dem ehemaligen Juso-Vorsitzenden Sercan Bars und Christian Robbyns, dem Fraktionsvorsitzenden der Bezirksvertretung Kalk. Schließlich flossen beim angehenden Sozialarbeiter kurdischer Herkunft die Freuden-Tränen, Bars setzte sich mit 134 zu 115 Stimmen durch und darf in Kalk 1 als SPD-Kandidat antreten.

Sercan Bars, bei den Kommunalwahlen am 14. September SPD-Kandidat im Kölner Wahlkreis Kalk 1.

Sercan Bars, bei den Kommunalwahlen am 14. September SPD-Kandidat im Kölner Wahlkreis Kalk 1.

Dann ging es um die Plätze auf der Ratsreserveliste, also um die Chancen für einzelne Kölner SPD-Politikerinnen und -Politiker, im September unabhängig vom persönlichen Ergebnis im eigenen Wahlkreise wieder oder auch zum ersten Mal in den Stadtrat einzuziehen. Der Parteivorstand hatte eine Reihenfolge erarbeitet, die sich an den selbst auferlegten Kriterien wie 40 Prozent Frauen, 30 Prozent Jusos, 20 Prozent Migranten, ein Kandidat aus jedem der neun Stadtbezirke, fachliche Ausgewogenheit und Diversität in den Top Ten orientierte. Doch dieser Vorschlag barg ungewohntes Diskussionspotenzial, um gleich vier Positionen kam es zu weiteren Kampfkandidaturen. Es wurde also ein langer Tag für die knapp 260 Delegierten im Bürgerzentrum Chorweiler.

Angegriffen wurde auch der erste Listenplatz des Fraktionsvorsitzenden Christian Joisten, der die Reihenfolge gemeinsam mit den Parteichefs Claudia Walther und Andre Schirmer erarbeitet und vom 22-köpfigen Unterbezirksvorstand hatte absegnen lassen. Das geschah nach Angaben der Parteiführung einstimmig bei zwei Enthaltungen. Am Samstag musste sich Joisten dann in einer Kampfkandidatur seinem einstigen Freund Mike Homann stellen.

Mike Homann wollte Platz 1 der Ratsreserveliste der Kölner SPD erobern – verlor die Wahl aber gegen Fraktionschef Christian Joisten.

Mike Homann wollte Platz 1 der Ratsreserveliste der Kölner SPD erobern – verlor die Wahl aber gegen Fraktionschef Christian Joisten.

Mit seiner Kandidatur melde er keinen Anspruch auf den Fraktionsvorsitz an, sagte der ehemalige Geschäftsführer der Kölner SPD in seiner Vorstellungsrede. Er führe auch keine „Vendetta“ gegen Joisten, wie einige ihm vielleicht vorwerfen würden: „Es geht nicht um Eitelkeiten, es geht nicht um Posten, sondern um die Zukunft der Kölner SPD.“  Er wolle den Delegierten ein Angebot machen, eine personelle Alternative bieten.

Brisanter Hintergrund dazu: Joisten und der Rest der Fraktion hatten Homann als Geschäftsführer 2023 zunächst fristlos entlassen und sich dann außergerichtlich mit ihm auf eine wohl 160.000 Euro teure Trennung geeinigt. Zu den Gründen nennt bis heute keiner der Beteiligten Details. Homann sitzt aktuell noch im Stadtrat, wurde für die kommende Kommunalwahl aber in keinem der Kölner Wahlkreise als Kandidat nominiert – ein guter Listenplatz wäre seine einzige Chance, weiterhin Ratsherr zu bleiben. Die Mehrheit der Delegierten lehnte Homanns Angebot am Samstag allerdings ab: Joisten bekam 192 Stimmen, Homann 40, bei 24 Enthaltungen.        

Auch die Verteilung der übrigen Listenplätze blieb, wie der Parteivorstand sie vorgesehen hatte. Allerdings wurde die Vergabe der Plätze sechs, sieben und acht heiß diskutiert. In den Kampfabstimmungen setzte sich Ayfer Sevim (Platz 6) gegen Lisa Steinmann (16) durch, Gerrit Krupp (7) gegen den Juso-Vertreter Mattis Dieterich (21) und, besonders knapp, Eva Bürgermeister gegen das Kölner-SPD-Urgestein Elfi Scho-Antwerpes (18).

„Wir haben so viele talentierte Leute, wir hätten gut 30 Kandidaten für die Top-Ten-Plätze gehabt“, sagte Claudia Walther. Christian Joisten ergänzte: „Die Liste ist kein Persönlichkeitsranking, es geht nicht darum, wer das beste Profil hat oder am meisten geschätzt wird.“ Man habe viele Kriterien einhalten müssen, und das sei weitestgehend gelungen. Dass die Delegierten am Ende dem Vorschlag des Vorstands folgten, stimme ihn froh. Ebenso wie die bei der Versammlung gezeigte Diskussionskultur, die er als „sehr wertschätzend“ erlebt habe.  

OSZAR »