Der neue Fahrplan der großen Stadtratsfraktionen sieht eine Verabschiedung Ende Oktober vor. Danach muss der Etat noch genehmigt werden.
FinanzkriseLeverkusen wird bis Jahresende ohne Haushaltsplan bleiben

Erst nach der Kommunalwahl wird der Stadtrat den Etat für 2025 beschließen.
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Die Haushaltskrise wird dazu führen, dass in der Stadt bis in den Spätherbst mit vorläufigen Zahlen gearbeitet werden muss, weil Leverkusen keinen gültigen Haushalt hat. Nebenbei wird sich das laufende Defizit auf bis zu 1,2 Milliarden Euro erhöhen. Die Stadtverwaltung muss ihre Ausgaben mit Kassenkrediten finanzieren. Die liegen jetzt schon knapp unter 900 Millionen Euro. Und mit jeder Gehaltsauszahlung steigen sie beträchtlich weiter.
Am späten Montagnachmittag hat Stefan Hebbel den neuen Fahrplan skizziert. Der Fraktionschef der CDU und Herausforderer von Oberbürgermeister Uwe Richrath hatte bisher nur angekündigt, dass die größte Gruppierung im Stadtrat den Entwurf des Etats für 2025 ablehnen wird. Die Grünen sehen das genauso, die SPD etwas differenzierter. Das Argument: Das mit dem Plan zu verabschiedende Haushaltssicherungskonzept reicht nicht aus. Auch nach zehn Jahren stünde im Leverkusener Etat keine schwarze Null. Das Eigenkapital der Stadt wäre ohnehin längst verbraucht.
Anders gesagt: Das Konzept der Kämmerei bringt die Stadt nicht in der notwendigen Frist aus der Schuldenkrise. Dafür sind die Einbrüche bei der Gewerbesteuer einfach zu eklatant. Eine Nachricht, die Uwe Richrath und Michael Molitor vor zehn Monaten publik machten und eine Haushaltssperre verhängten. Seitdem ist in Leverkusens Politik nichts mehr, wie es war.
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Kein Beschluss im Sommer
Und das soll sich nun fortsetzen: Eine große Mehrheit im Stadtrat wird auch in der nahenden Juli-Sitzung keinen Haushaltsplan verabschieden. Stattdessen fasst Stefan Hebbel einen Beschluss Ende Oktober ins Auge. Danach muss die Bezirksregierung den Plan noch genehmigen. Das bedeutet: Die Stadt wird beinahe das gesamte Jahr 2025 ohne Haushaltsplan sein.
Und die weitere Verspätung bringt es mit sich, dass der Etat von einem Stadtrat beschlossen wird, der zu diesem Zeitpunkt nur noch geschäftsführend im Amt ist: Am 14. September ist Kommunalwahl, spätestens am 28. September steht fest, wer Leverkusens Oberbürgermeister sein wird. Er könnte wieder Uwe Richrath heißen. Oder Stefan Hebbel. Alle anderen Resultate wären eine Sensation.
CDU-Kritik auch am eigenen Kämmerer
Für Hebbel, der schon im Rat saß, als Leverkusen schon mal in der Haushaltssicherung gefangen war und kaum politische Spielräume hatte, ist die jetzige Lage „dramatisch wie noch nie“. Die „Fehleinschätzungen“ beim Gewerbesteuer-Aufkommen, das voriges Jahr um rund 250 Millionen Euro niedriger ausfiel als kalkuliert, lastete der Christdemokrat indes nicht nur dem SPD-OB an, sondern auch seinem Parteifreund, Kämmerer Michael Molitor.
Dieser Haushalt ist ein Dokument des Scheiterns
Auch beim Management der Krise versagten beide bisher, so Hebbel: Bisher liefere die Stadtverwaltung nur „unausgegorene Einsparvorschläge“, die im Einzelfall sogar mehr Schaden anrichteten als nützten. „Dieser Haushalt ist ein Dokument des Scheiterns“, fasste der CDU-Fraktionschef zusammen. Der Oberbürgermeister – so viel Attacke auf den Konkurrenten musste dann doch sein – habe bis heute kein Konzept, wie die Stadt aus der Misere kommen soll: Richraths einzige zählbare Äußerung sei „eine Schönwetter-Rede“ gewesen. Das reiche nicht.
Externe Analyse birgt Zündstoff
In der SPD gibt es eine nur in Nuancen andere Auffassung. Aber es sei „ein bisschen einfach“, vor allem dem OB die Schuld zuzuschieben, sagte Dirk Loeb, der künftige starke Mann in der sozialdemokratischen Fraktion. Die „Hauptverantwortung“ liege beim Kämmerer. Loeb ließ ein gewisses Unwohlsein daran erkennen, dass der Stadtrat auch nach zehnmonatiger Arbeit an dem Haushaltsdesaster nicht in der Lage sei, einen Etat zu beschließen. Dafür sei er schließlich gewählt. Allerdings: Auch die SPD findet im Entwurf noch einige Mängel. Und die seit dem Wochenende vorliegende Analyse der Gemeindeprüfungsanstalt biete weiteren Diskussionsstoff. „Das müssen wir analysieren“, so Loeb. Das braucht weitere Zeit.
Auch Claudia Wiese sieht in der externen Analyse Ansatzpunkte, wie man Leverkusens Finanzen strukturell neu organisieren muss. Mit punktuellen Streichungen komme man ohnehin nicht ans Ziel, das sei offensichtlich angesichts des horrenden Defizits, das sich in den kommenden Jahren zu Milliarden summieren könnte. Die Fraktionschefin der Grünen will viel grundsätzlicher an das Thema heran, beklagt seit Monaten auch eine fehlende Ausgabenkontrolle in der Stadtverwaltung.
Daten liefert die Kämmerei gerade Stückchen für Stückchen – und sie sehen nicht gut aus. Genauso wenig wie der Einnahmestatus, den Kämmerer Molitor am Montagabend gab: Die Gewerbesteuer-Einnahme beträgt derzeit per Saldo 113 Millionen Euro. Geplant waren 180 Millionen. Leverkusens Finanzkatastrophe setzt sich fort.